Referat Politische Bildung

Anstehende Veranstaltungen

Christine Kirchhoff: Neues von einem alten Konzept – Sozialpsychologie des autoritären Charakters

Ort: HSZ 103/U

Zeit: 16. Januar um 19 Uhr

Die in den „Studien zum autoritären Charakter“ (Adorno et.al. 1950) vorgelegte Analyse faschistischer Dispositionen ist noch immer aktuell, nicht zuletzt da die Autor:innen die auch heute beliebte Auffassung kritisieren, dass autoritäre Einstellungen und rechte Weltbilder als direktes Resultat sozialer Missstände zu verstehen seien.
In Auseinandersetzung mit den „Studien zum autoritären Charakter“ wird diskutiert, welche Elemente zu einer Sozialpsychologie des autoritären Charakters gehören und wie die auf der zeitgenössischen Psychoanalyse beruhenden Analysen mit gegenwärtigen Ansätzen aus der Psychoanalyse ergänzt bzw. anders betrachtet werden können.

Prof. Dr. phil. Christine Kirchhoff, Professorin für Psychoanalyse, Subjekt- und Kulturtheorie an der Internationalen Psychoanalytischen Universität (IPU), Psychoanalytikerin in eigener Praxis (DPV/IPA).

 

Kritik des Erinnerns und Gedenkens gestern und heute

Eine Veranstaltungsreihe von Dresden WiEdersetzen und dem Referat Politische Bildung

Der 13. Februar gilt als der wichtigste Jahrestag im Selbstverständnis Dresdens. Heute wird er begangenen als Tag, an dem der von den Deutschen in die Welt getragene Krieg nach Hause kam – und stilisiert zum Friedenssymbol. Wurde der 13. Februar in der DDR noch als Tag der Trauer um die unschuldige barocke Kulturstadt erinnert, an dem Dresden dem „angloamerikanischen Bombenterror“ zum Opfer fiel, gehört dies inzwischen nicht mehr zum guten Ton. Nur noch Neonazis tragen den Opfermythos so offen vor, womit sie diesen Tag laut einhelliger Meinung der Dresdner Presse und Lokalpolitik für sich instrumentalisieren. Selbst Oberbürgermeister Hilbert betonte in den letzten Jahren immer wieder, dass er gerade wegen den deutschen Verbrechen und der Zustimmung der Zivilbevölkerung zu diesen an den Gedenkfeierlichkeiten um den 13. Februar teilnehme.

Diese Bekenntnisse zu den deutschen Taten wären vor wenigen Jahrzehnten noch undenkbar gewesen und ohne beharrliche Interventionen von einstigen Opfern des NS und linken Nestbeschmutzer:innen vermutlich auch heute nicht zu vernehmen. Dies ist keine auf Dresden beschränkte Entwicklung, sondern vollzog sich - weitaus konsequenter - in der ganzen Bundesrepublik, die von der von-nichts-gewusst-Nation, zur selbstbewussten Nation der Erinnerungsweltmeister:innen wurde.

Eine Entwicklung, die Deutschland sehr gelegen kommen sollte. Auschwitz als verdrängtes Menschheitsverbrechen war ein Hindernis für das nationale Selbstbewusstsein und das Ansehen Deutschlands in der Welt. Wer konnte schon ahnen, dass die Deutschen schlussendlich gerade wegen Auschwitz zu neuem Selbstbewusstsein kommen sollten? Der damalige grüne Außenminister Joschka Fischer als Inkarnation dieses geläuterten Deutschlands brachte dies mustergültig zum Ausdruck, als er ausgerechnet mit Auschwitz den deutschen Militäreinsatz im Jugoslawienkrieg begründete. Die Deutschen, so wird klar, müssen sich heute nicht mehr ihrer Geschichte schämen, sondern können stolz sein auf die vorbildliche Aufarbeitung und die neu gewonnene Größe ihrer Nation. Dresden scheint diese Modernisierung der Erinnerungspolitik nur sehr widerwillig zu vollziehen: Hier möchte man zwar auch "Erinnern, um nicht zu wiederholen!" (Motto 13. Februar 2021), doch braucht es als Anlass immer noch arisch-deutsche Tote. Die Dresdner:innen inszenieren ihre Stadt an diesem Tag als ein Mahnmal gegen Krieg und Gewalt und betreiben damit eine Universalisierung des Leides, in der die Spezifik von Gaskammer oder Bombardement unkenntlich wird. Beides erscheint einerlei als Krieg und Gewalt, die es selbstverständlich abzulehnen gilt. Dass an solch einem Gedenken auch Neonazis und Rechtspopulist:innen teilnehmen, die vom Dresdner Opfermythos nicht lassen können und sich auch vor ostentativen Holocaustvergleichen nicht scheuen, ist nur konsequent. 

Gegen die offensichtlich miserable Erinnerungspolitik Dresdens lässt sich aber kaum die bundesdeutsche in Stellung bringen. Beides ist der Versuch, auch nach Auschwitz eine positive deutsche Identität zu stiften. Hier wie dort geht es nicht um eine kritische Reflexion der Vergangenheit, die nach den Ursachen von Auschwitz fragt und sich dabei auch an die eigene Nase fassen und die gegenwärtigen gesellschaftlichen Bedingungen für faschistisches Gedankengut in den Blick nehmen müsste. Denn aufgearbeitet wäre die Vergangenheit erst dann, wenn die Ursachen des Vergangenen beseitigt wären.

Daher halten wir die kritische Auseinandersetzung mit dem Erinnern und Gedenken in Deutschland im Allgemeinen wie in Dresden im Besonderen auch heute für wichtig. Ausgehend von den Debatten um den 13. Februar wollen wir in unserer kleinen Veranstaltungsreihe auf die deutsche Erinnerungskultur blicken und dabei Verbindungslinien zwischen der bundesdeutschen und der Dresdner Erinnerungspolitik aufweisen. Auch werden wir uns mit den aktuellen Debatten um den Umgang mit deutscher Schuld befassen und schließlich ein Resümee aus den Entwicklungen der letzten Jahre rund um den 13. Februar ziehen.

 

Matthias Neutzner: Dresden 1945  Geschichte und Gegenwart des kollektiven Erinnerns

Ort: GER/37/H
Zeit: 17. Januar um 19 Uhr

Der Vortrag zeichnet zunächst nach, wie die nationalsozialistische Propaganda die Luftangriffe auf Dresden im Februar 1945 erfolgreich als symbolhafte Entlastungserzählung positionierte. Vor diesem Hintergrund werden anschließend die Dynamiken, Ambivalenzen und Widersprüche der jahrzehntelangen lokalen, nationalen und internationalen Bezugnahme auf das Geschichtssymbol skizziert. Der abschließende Teil des Vortrags zeigt die Charakteristika wesentlicher Erinnerungskulturen auf, die den Diskurs und die Praxis des kollektiven Zugriffs auf »Dresden 1945« in der Gegenwart prägen. Ihr konflikthaftes Nebeneinander macht Herausforderungen und Dilemmata deutlich, mit denen verantwortungsbewusste Geschichtspolitik und wirksame historisch-politische Bildung konfrontiert sind.

 

 

Filmscreening: Triumph des guten Willens (2016)

Ort: Phase IV
Zeit: 23. Januar um 19 Uhr

Die Dokumentation Triumph des guten Willens setzt sich filmisch mit den Texten des Publizisten Eike Geisel (1945–1997) auseinander. Im Zentrum stehen Geisels Kritiken an der deutschen Erinnerungspolitik und seine These über die „Wiedergutwerdung der Deutschen“.

Texte Geisels aus den 1990er Jahren, u.a. über die Neue Wache und das Holocaust-Mahnmal, kontrastieren die heutigen Bilder der beschriebenen Gedenkstätten. Sie zeigen eine Normalität, die es eigentlich nicht geben dürfte. Zudem analysieren ausführliche Interviews mit Alex Feuerherdt, Klaus Bittermann, Hermann L. Gremliza und Henryk M. Broder Geisels Thesen im Hinblick auf die gesellschaftlichen Verhältnisse heute. Von der politischen Biografie Eike Geisels ausgehend, zeichnet Triumph des guten Willens ein Bild erinnerungspolitischer Debatten der letzten Jahrzehnte und fragt schließlich nach der Möglichkeit von Kritik in unmöglichen Zeiten.

Eike Geisel, der in den 1980er und 1990er Jahren zu den schärfsten Kritikern der Wiederaufbereitung deutscher Vergangenheit gehörte, löste durch seine Essays und Polemiken teils große Kontroversen aus. Zudem betätigte er sich als Übersetzer und Herausgeber englischsprachiger Texte Hannah Arendts und trat auch als Verfasser historischer Arbeiten, u.a. über das Berliner Scheunenviertel und den Jüdischen Kulturbund, in Erscheinung.

 

Regie: Mikko Linnemann

 

Marlene Gallner: Vom ersten zum zweiten Historikerstreit oder: Über die deutsche Staatsraison, postkoloniale Holocaustrelativierung und die Erinnerung an tote Juden als politisches Faustpfand gegenüber Israel

Ort: GER/37/H
Zeit: 30. Januar um 19 Uhr

Wolfgang Pohrt erkannte schon früh, dass die beiden sich gegenüberstehenden Lager im Historikerstreit der 1980er Jahre nicht so verschieden waren wie sie es gerne für sich reklamiert hätten. Beide versuchten auf ihre Weise, das deutsche Nationalbewusstsein zu exkulpieren. Die konservative Position, die die nationalsozialistische Vernichtungsaktion als Antwort auf den Archipel Gulag begriff und damit die Shoah als etwas nicht spezifisch Deutsches dastehen lassen wollte, argumentierte im Geiste des bis dahin gebräuchlichen Revisionismus. Solcherlei Annahme diente vorrangig dazu, die Deutschen von ihrer Schuld zu befreien und niemand wäre wohl auf die Idee gekommen, daraus ein neues nationales Selbstbewusstsein zu schöpfen. Die linksliberale Position war dafür wesentlich anfälliger, bestand sie doch ausdrücklich auf der Vernichtung als deutsche Tat, forderte die Annahme der Schuld ein, woraus sich – anders als bei den rechten Revisionisten – eine genuin deutsche Identität stiften ließ, die Auschwitz zum negativen Gründungsverbrechen eines besseren Deutschlands verklärte. Es war diese Ansicht, die sich in der offiziellen Politik durchsetzen konnte und schließlich zur Erklärung führte, die historische Verantwortung sei Teil der deutschen Staatsraison – ein Begriff, der nicht ohne Grund bis heute völlig unbestimmt bleibt. Wenn aber die Position, die auf die Einzigartigkeit der Shoah pochte, die Politik jahrzehntelang erfolgreich trug, warum neigen dann im zweiten Historikerstreit, der sich 2020 an den Thesen Achille Mbembes entzündete, und in dem diese Einzigartigkeit von postkolonialer Seite eingeebnet wird, viele linke und linksliberale Akademiker und Publizisten dazu, die deutsche Poleposition im Erinnerungsrennen bereitwillig aufzugeben? Mit der Durchsetzung postkolonialer Theorien an den Universitäten und in der Öffentlichkeit findet eine Neujustierung im Erinnerungsbetrieb statt. Deutschland wird von einer weltoffen sich gerierenden Linken dafür kritisiert, diesen exklusiv auf die Shoah auszurichten und deshalb provinziell zu sein. Bei allem Wandel ergibt sich eine die divergierenden Positionen vereinende Konstante: die Juden dienen als politische Währung, als Manövriermasse, um die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.

 

 

Podiumsdiskussion: Protest und Aktion gegen den Opfermythos Was bleibt von der Kritik des Gedenkens am 13. Februar?

Ort: POT/13/U
Zeit: 06. Februar um 19 Uhr

Ankündigungstext & Diskutant:innen tba.

 

 

 

 

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Für vergangene Veranstaltungen schaut in den Reiter "Veranstaltungen PoB"

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Archive

Hier können alle noch erhaltenen Aufnahmen der Veranstaltungen gefunden werden, die in den letzten Jahren vom Referat für Politische Bildung organisiert wurden. Die Bibliothek wird stetig aktualisiert und ist unter dem Reiter "Lists" nach Reihen und Ringvorlesungen sortiert.

Infos bzgl. aktueller Veranstaltungen findet ihr unter dem Reiter "Veranstaltungen PoB" (rechts)

 

Über das Referat Politische Bildung:

Wir wollen Studierende motivieren, am gesellschaftspolitischen Leben - theoretisch wie praktisch - teilzunehmen und sich aktiv einzubringen. Sie sollen die notwendige Sensibilität entwickeln um herrschende gesellschaftliche Zustände kritisch zu hinterfragen und gesellschaftliche Debatten fundiert mitzubestimmen. Hierfür ist es unabdingbar, die in solchen Debatten immer schon vorhandenen und verwendeten Begriffe bezüglich ihres gesellschaftlichen Gehalts aufzuklären. Wo kommen die Begriffe historisch her, mit denen aktuelle gesellschaftliche Ereignisse gedacht werden? Treffen diese das gedachte Ereignis überhaupt noch und falls nicht, was hat sich verändert? Nur indem die vorausgesetzten Begriffe, die zur Erklärung gesellschaftlicher Ereignisse dienen sollen, aufgeklärt werden, können gesellschaftliche Ereignisse begriffen werden.

Insofern versteht das Referat Politische Bildung die Universität nicht als bloßen Ort des Wissenskonsums, als eine Meinungsfabrik, sondern als einen Raum der aktiven Auseinandersetzung mit dem eigenen Denken und dem Denken der Gesellschaft.

Einen solchen Raum möchte das Referat Politische Bildung schaffen - und zwar gemeinsam mit den Studierenden. Habt ihr also Lust dies mit uns zu tun, dann kommt bei unseren Veranstaltungen vorbei, bringt euch aktiv ein und macht am besten gleich bei uns mit.

Beste Grüße,

euer Referat Politische Bildung

 

Referent*innen:
  • Paula Knischewski
  • David Luys
Kontakt: pob[at]stura.tu-dresden.de
Social Media
  • Instagram: https://www.instagram.com/refpob_tud/
  • Bluesky: https://bsky.app/profile/did:plc:uwixqwqndijuxl5f52jefyte
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Sprechzeit: mit Voranmeldung
Mitglieder:
  • Pauline
  • Paula
  • Alexander
  • Gwendal
  • David
  • David
  • Tim
  • Jakob
  • Hendrik
  • Ben
Aufgaben:

Die Politische Bildung der Studierenden ist die Aufgabe des Referats Politische Bildung. Das bedeutet, Toleranz, Emanzipation und Kritikfähigkeit zu vermitteln und zu stärken und so demokratische Spielregeln bei den Studierenden zu verankern. Verständnis für politische Sachverhalte soll gefördert, und so das demokratische Bewusstsein gefestigt und die Bereitschaft zur politischen Mitarbeit gestärkt werden. Insbesondere zählt zu den Aufgaben des Referats Politische Bildung:

  • Organisation und Durchführung von geeigneten Veranstaltungen (z.B. Seminare, Podiumsdiskussionen),
  • Förderung der demokratischen Fähigkeiten der Studierenden - insbesondere der studentischen Gremienmitglieder - an der TU (z.B. Sensibilisierung für hierachische Strukturen in Diskussionen),
  • Regelmäßige Zuarbeit zu den Medien des StuRa (Internetseite und Newsletter) im Sinne der politischen Bildung und
  • Aufklärung der Student/inn/en über politische Gruppierungen an der Universität

Aus diesen Aufgaben ergbit sich die Notwendigkeit der engen Zusammenarbeit mit dem Referat für Öffentlichkeitsarbeit.