Erfolgreiche Demonstration beim Sternlauf "Dresden für alle"

Zwischen 2500 und 3000 Menschen folgten am gestrigen Montag, den 08.12.2014 dem Aufruf von TU-Spitze, Personalrat und Studentenrat, sich der Demonstration "Open Your Mind - Stop Racism!" anzuschließen.

Wir haben damit einen wichtigen Teil dazu beigetragen, dass sich am Ende auf dem Rathausplatz etwa 10 000 Menschen zusammengefunden haben, um für eine weltoffene Gesellschaft für alle einzutreten.

Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden für ihr Engagement und das klare Einstehen für Weltoffenheit und gegen Rassismus.

An dieser Stelle möchten wir auch den Redebeitrag von der Auftaktkundgebung dokumentieren:

Als Motto für unseren Beitrag zum gemeinsamen Sternlauf haben wir "Open Your Mind - Stop Racism!" gewählt. Ich bin überwältigt davon, wie viele Menschen sich dieser Forderung anschließen. Wir sind gerade bestimmt 2000 Leute, und ich bin mir sicher, bei den anderen Demonstrationszügen sind mindesten nochmal so viele! Das alleine ist schon ein deutliches Zeichen, dass wir die Hetze der PEGIDA nicht einfach so hinnehmen. Dass wir uns deren düsteren Treiben lautstark entgegenstellen und klar machen: Wir treten zusammen ein für eine weltoffene Hochschule, für ein weltoffenes Dresden, für eine weltoffene Gesellschaft!

 

Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Hochschulangehörige, vielen Dank, dass Sie dem gemeinsamen Aufruf von "Dresden für Alle" gefolgt sind. Und als Mitglied des Studentenrates begrüße ich natürlich auch ganz herzlich alle Studierenden auf unserem Demonstrationszug.

Es wäre schön, wenn wir heute ohne einen beunruhigenden Anlass zusammen stehen könnten, um für unsere Vorstellungen von einem friedlichen und akzeptierenden Miteinander einzutreten. Doch leider entwickelt sich Toleranz nicht von selbst, leider sind Ressentiment noch immer in vielen Köpfen fest verankert.

Und so müssen wir heute auch deutlich Stellung nehmen gegen die Positionen, die unserem Ideal einer weltoffenen Gesellschaft fundamental widersprechen.

 

Wir haben als Studierendenvertretung die sogenannten "Spaziergänge" schon im Oktober aufmerksam verfolgt und zusammen mit antifaschistischen und antirassistischen Gruppen zwei kleinere Demonstrationen durchgeführt. Unser Ziel war und ist es, über die Hintergründe der PEGIDA aufzuklären und die rassistischen und fremdenfeindlichen Vorurteile zu demaskieren, die hinter den schwammigen Forderungen nach dem Schutz des angeblich gefährdeten Abendlandes stecken.

Denn eines ist klar, auch wenn es immer wieder geleugnet wird: ein Großteil der Leute, die sich PEGIDA angeschlossen haben, wollen keinen Dialog. Sie wollen keinen demokratischen Prozess anstoßen. Sie haben keine Vorschläge zu den Herausforderungen, die zweifelsohne bei der Unterbringung und der Versorgung von Geflüchteten bewältigt werden müssen.

Sie bieten keine Perspektiven auf die Veränderungen, die die globalisierte Welt mit sich bringt.

Nein, sie wollen vor allem eins: dass die Welt wieder so schön einfach ist wie früher - selbst wenn dieses "Früher" nur eine geschichtsvergessene Illusion ist.

 

Es gibt - da muss man ehrlich sein - auch Ausnahmen; Menschen, die sich hoffentlich noch einmal überlegen, ob ihre Ansichten wirklich deckungsgleich mit denen der PEGIDA sind. Und die sich vielleicht auch die umfänglichen Argumentationen durchlesen, mit denen die Aussagen der PEGIDA ein ums andere Mal widerlegt werden.

 

Doch den meisten Anhänger_innen der PEGIDA geht es um etwas ganz anderes: Sie wollen ihre rassistischen und fremdenfeindlichen Vorurteile auf die Straße tragen – gefälligst ohne Kritik, ohne Gegenwind, ohne gestört zu werden. Nicht anonym im Internet oder in kleiner Runde beim Stammtisch, sondern mit massenhaft Gleichgesinnten. Daraus erklärt sich auch das strikte Redeverbot der Organisator_innen und die Abwehr gegenüber allen Medien. Zu schnell löst sich sonst die öffentlich propagierte und mühsam aufrecht erhaltene Friedfertigkeit auf. Nur allzu deutlich bricht dann der Hass hervor, der dahinter schwelt. Auf Einwände und Argumente reagieren die selbsternannten Schützer des Abendlandes mit Ignoranz und Gewaltdrohungen. So wird zum Beispiel Eric, unser StuRa-Referent für Öffentlichkeitsarbeit, wegen seines Engagements für unsere Demonstration auf rechten Internetseiten an den Pranger gestellt und mit Hassmails bombardiert.

Damit sie dies nicht durchsetzen können, damit die Betroffenen der Hetze nicht ungeschützt alleine bleiben, dafür gehen wir heute zusammen mit vielen anderen auf die Straße. Für ein Dresden für alle!

 

Wir dürfen es uns allerdings nicht zu einfach machen und immer nur auf andere zeigen, wenn es um Vorurteile geht.

Die Studie "Die Mitte im Umbruch" hat es erneut belegt: menschverachtende Ressentiments gibt es in der gesamten Breite der Gesellschaft, nicht nur bei Neonazis und Sarrazin-Fans. Wir alle sind nicht gänzlich frei von Vorurteilen und Schubladendenken. Auch an den Hochschulen müssen wir aufmerksam und selbstkritisch sein. Uns unserer Privilegien bewusst werden und erkennen, dass wir häufig auch einen begrenzten Horizont haben. Doch ich gehe fest davon aus, dass wir daran arbeiten können. Dass wir nicht auf Konfrontation und Ablehnung setzen, sondern den Dialog suchen, wenn uns Neues, Unbekanntes, vielleicht auch Befremdliches begegnet. Dass wir simpel gesprochen einfach mal zum Tag der offenen Tür in eine Moschee gehen, statt unser Islambild von Fernsehberichten über Salafisten abzuleiten, weil das bequemer ist.

 

Wir sind heute für schätzungsweise zwei Stunden zusammen in Dresden unterwegs, um ein klares Zeichen für eine weltoffene Gesellschaft zu setzen. Das ist extrem wichtig.

Doch es ist ja bald Weihnachten, und deswegen möchte ich einen Wunsch loswerden:

Ich wünsche mir, dass unsere Zivilcourage auch nach der Abschlusskundgebung weiter lebt.

Dass wir nicht beschämt mitlachen, wenn ein diskriminierenden Witz erzählt wird, sondern klar Stellung beziehen.

Dass niemand mehr einfach wegschaut, wenn jemand rassistisch beleidigt wird, sondern eingeschritten wird.

Und dass jede und jeder von uns wieder aufsteht und sich mit den Betroffenen solidarisiert, wenn auf offener Straße menschenverachtende Parolen gerufen werden.

 

Gerade unter den Studierenden und den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an den Hochschulen gibt es viele, die nicht in das enge Weltbild dieser neuen "patriotischen Bewegung" passen. Wir tragen Verantwortung dafür, dass sie sich in Dresden willkommen fühlen und keine Diskriminierungen befürchten müssen. Alle Studierende und Wissenschaftler_innen sind unabhängig von Religion und Herkunft fester Bestandteil des Campuslebens. Dieses internationale, interkulturelle Miteinander ist doch kein Problem, sondern eine Bereicherung für uns alle!

Mit diesem Austausch schaffen wir doch – ich werde ausnahmsweise mal pathetisch – mit diesem Austausch schaffen wir doch eine Grundlage für eine offenere Gesellschaft, für ein erfolgreiches Miteinander, für eine bessere Zukunft.

Und wer Deutschland oder gleich ganz Europa von dieser Zukunft „schützen“ will, der will uns stattdessen alle in die Vergangenheit katapultieren. Das können wir nicht akzeptieren! Dagegen heben wir unsere Stimme!

 

Die Ausschreitungen der HoGeSa, die Demonstrationen der PEGIDA, aber auch die Proteste gegen homosexuelle und queere Lebensentwürfe, wie am 15. November auf dem Theaterplatz, bergen noch ein weiteres Problem in sich:

Sie bringen nicht nur latente reaktionäre Forderungen zum Vorschein, sie bieten auch einen Nährboden für Diskriminierung und Gewalt. Die Erfahrungen aus den frühen 90er-Jahren zeigen uns schmerzlich, dass menschenverachtende Einstellungen sehr schnell in rassistische Angriffe münden. Dies geschieht umso ungehemmter, wenn die Täter sich durch ihr gesellschaftliches Umfeld bestätigt sehen. Sie führen ja nur aus, was die vermeintliche Mehrheit hinter ihnen denkt.

Und die aktuellen polizeilichen Statistiken belegen es: die Angriffe auf Asylunterkünfte nehmen deutschlandweit dramatisch zu, auch in Dresden häufen sich die Berichte von rassistischen Vorfällen. So wurden beispielsweise im Oktober drei junge Männer nach einem Fußballspiel am Straßburger Platz beleidigt, mit einem Auto verfolgt und mit Steinen beworfen. Schon am Boden liegend wurde eines der Opfer noch mit Fußtritten traktiert. Hinzu kommen die ungezählten Aggressionen, unter denen diejenigen, die als fremd wahrgenommen werden, alltäglich zu leiden haben.

 

Für uns ist klar: wir dürfen bei diesen traurigen Entwicklungen nicht tatenlos zusehen! Wir dürfen der PEGIDA und ihren Gefolgsleuten nicht den öffentlichen Raum und schon gar nicht den Diskurs überlassen. Wir müssen einschreiten und uns für die Betroffenen stark machen.

 

Deswegen gehen wir jetzt zusammen auf dem Sternlauf zur gemeinsamen Abschlusskundgebung am Rathausvorplatz.

Deswegen stellen wir uns auch heute klar und deutlich gegen das Schüren von Angst und Hass.

Deswegen setzen wir den Vorurteilen und Ressentiments unser gemeinsames Engagement für eine weltoffene Gesellschaft entgegen.

 

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!